Noch heute kennt jedes Kind sie: die Frau Holle. Sie hat überlebt – im Märchen. Ursprünglich ist sie eine germanische Erd- und Himmelsgöttin, weise Frau und allgegenwärtige Muttergöttin. Als Himmelskönigin regiert sie über die Elemente, das Wetter, die Jahreszeiten. Die Germanen erzählten sich, dass die Sonne scheint, wenn sie ihr Haar kämmt; die Welt in Nebel gehüllt ist, wenn sie kocht; es regnet, wenn sie ihre Schleier wäscht und Schnee fällt, wenn sie ihre Betten ausschüttelt. Und die Schäfchenwolken, die manchmal am blauen Himmel zu sehen sind, stammen aus ihrer großen Schafherde. Die Menschen verehrten gleichzeitig in ihr die Güte der Mutter Erde und das strahlende Licht des Himmels.
Holla ist auch die Herrin der Spinnerinnen. Wurden in den Spinnstuben ihre Gesetze eingehalten, zeigte sie sich wahrlich hold, freundlich, gütig und mild und ihre Geschenke verwandelten sich oft in Gold. Achteten die Menschen nicht auf ihre Gebote, konnte sie auch sehr unhold, streng und böse sein. Holla wohnt als Hel, die Erdgöttin, im Inneren des Berges, in Höhlen. Brunnen, Teiche und Quellen führen zu ihrem Reich in die Unterwelt. An diesen heiligen Stätten wurde die Göttin verehrt und gefeiert. Wasser aus diesen Quellen beseitigte die Unfruchtbarkeit und später wurden die Babys hier „abgeholt“. Wer zu ihr in den Brunnen stieg, wurde gesund und glücklich.
Ihr Name bedeutet die Strahlende. Wer Holla zu einem Fest, zum Beispiel zur Herbst Tag- und Nachtgleiche Ende September einladen will, stelle weiße Speisen für die Göttin hin. Wenn sie dann noch ein Lied hört, vielleicht sogar einen Jodler mit holla-drio, kommt sie besonders gerne und segnet das Fest mit ihrer Gegenwart. Spätestens am nächsten Morgen erkennen Sie ihre Spuren: die Spinnennetze des Altweibersommers sind in Wirklichkeit das Haar der alternden Erdgöttin, die sie bei ihrem Rückzug in die Erde verloren hat.
Das uralte Märchen der Brüder Grimm von Frau Holle zeigt sie als Herrin der Jahreszeiten: Die Goldmarie erwacht auf einer Frühlingswiese, holt das Brot aus frischem Sommerkorn aus dem Ofen, erntet im Herbst die reifen Äpfel und schüttelt im Winter die Betten aus, damit es auf Erde schneit. Goldmarie ist auf einer Einweihungsreise bei ihr: sie wäscht im Brunnen ihre blutige Spindel, ein Bild für ihre erste Menstruation, mit der sie sich an die Göttin wendet. Sie wird eingeführt in die weiblichen Künste der Liebe und Erotik (Frühlingswiese), des Ackerbaus (das Brot), der Pflanzenzucht (der Apfelbaum) und des Wettermachens (die Betten schütteln). Auf diesem Weg wird sie von der Göttin gut genährt mit „Gesottenem und Gebratenem“. Gold ist das Metall der Sonnengöttin, mit dem sie Erkenntnis und Lebensweisheit verschenkt. Die Pechmarie ist diesen Weg nicht aus eigenen Stücken gegangen, sie wurde von der Mutter geschickt, und war deswegen noch nicht bereit, die Segnungen der Göttin zu empfangen.
Botschaften der Holle
Ich bin uralt. Vielleicht sogar älter als die Zeit. Genau deswegen bin ich immer im richtigen Alter, um Dir beizustehen, wenn Du Hilfe brauchst. Wenn Du einmal nicht weißt, wer Du bist, was Du tun kannst, wie Du dich entscheiden sollst, dann komm´ zu mir. Du findest mich in einem Brunnen, an einer Quelle, im Holunderbusch oder zwischen herunter gefallenen Laubblättern. Ich komme auch zu Dir in Dein Büro, setze mich auf Deinen Schreibtisch und … nun, aufräumen musst Du schon selber. Ich bin dazu da, um Dich an Deine ureigene Kraft zu erinnern, an Dein Urvertrauen. Ich weiß, dass Du Quellen genauso liebst, wie ich. Und dass Du – so wie ich – eine unermüdlich sprudelnde Quelle tief in Dir hast. Du hast sie nur vergessen. Zu dieser Quelle gehen wir jetzt zusammen und Du badest so lange darin, wie es Dir gut tut und Du voll neuer Kraft bist. Schließe dafür ruhig Deine Augen, ich passe schon auf, dass währenddessen niemand kommt. Später begleite ich Dich noch ein wenig durch Deinen Alltag, und Du wirst sehen, dass Du wieder das gute Gespür für den richtigen Schritt im richtigen Augenblick bekommst.