In der Dämmerung – mitten im Wald. Eine Göttin galoppiert mit einem Tross wilder, unwirklicher Reiter in vollem Tempo vorbei und hinterlässt das Gefühl, gerade noch einmal davongekommen zu sein – die wilde Jagd der Perchta, die Schnee und Wind bringt. Ein archaisches Bild, das nicht mehr viel mit unserem Leben zu tun zu haben scheint, wenn wir mit unseren Autos zum Waldparkplatz fahren. Vielleicht aber doch? Perchta ist die Göttin der Zwischenräume, der Übergänge vom Alten zum Neuen, der Zeit zwischen den Jahren. Sie kommt in den zwölf Raunächten. Sie ist nicht nett, aber wirkungsvoll.
An manchen Orten wird sie auch Bärmutter oder Bäramuoda genannt, ein alter Name
aus dem Mittelalter. Sie gebiert in der dunkelsten und kältesten Jahreszeit, in der
in der Natur alles erfriert und abstirbt, das Licht, den Bären, die Verkörperung des
Vegetationsgottes.
Im Namen von Perchta werden um die Jahreswende in den Alpen – und auch in ihrem Garten, in Berchtesgarden – viele Rituale gefeiert. Die Perchten ziehen umher als maskierte, lärmende und tanzende Gestalten. Sie tragen Masken und die zeigen oft beide Seiten der Göttin: Vorne das furchterregende Gesicht einer Hexe und auf der Rückseite ein wunderschön strahlendes Sonnengesicht. Die Perchten bringen den Menschen das Glück für das Neue Jahr direkt ins Haus. Gleichzeitig sorgt das wilde Gesicht für Respekt gegenüber den wilden Kräften der Natur, die das Rad des Jahres und das Rad des Lebens in Gang halten. Bevor Frau Percht anfängt, ihren segnenden Tanz vor einem Haus oder Hof zu tanzen, begrüßt sie alle vier Himmelsrichtungen, alle vier Elemente und alle vier Jahreszeiten und bittet um deren Wohlwollen für das kommende Jahr.
Perchta ist auch die Göttin der Spinnerinnen. So wie sich das Jahresrad beständig dreht,
kreist auch das Spinnrad, oben und unten ist nicht festzuhalten. Deswegen standen die
Spinnerinnen unter dem besonderen Schutz der Perchta. Die Göttin tut ihnen Gutes und
sorgt dafür, dass alles zu seiner Zeit geschieht. Sie verbietet, in den Tagen zwischen den
Jahren zu spinnen, zu waschen und zu putzen. Wer sich nicht daran hält, dem verwirrt
die wilde Percht Garn und Faden, zersaust die Wäsche auf der Leine oder lässt den
Computer „spinnen“. So erzwingt sie für eine kleine Spanne den Stillstand des Spinnrads
und auch des großen world-wide-web. Eine Denkpause ist angesagt.
Botschaft der Perchta
Die Göttin Perchta spricht mit Dir: „Seit Urzeiten ist dies meine Jahreszeit – die Mitte des Winters. Und ich bin gekommen, um Dich daran zu erinnern, dass Du ein Kind der Natur bist. Dass auch Du in diesem Wechsel der Jahreszeiten lebst und von ihm lernst. Mache es jetzt wie die Sonne und ruhe Dich aus. Nur so kannst Du die Qualität dieser besonderen Tage in Dich aufnehmen. Nutze die Dunkelheit und ihre Geborgenheit. Gib allem, was Du fühlst und ahnst eine Bedeutung. Spüre die Kräfte in Dir und um dich herum. Alles sind Teile von mir, der großen Muttergöttin. Ich bin alles, ich bin schön und hässlich, gut und unerbittlich, schützend und gefährlich, hell und dunkel. Manchmal fackel´ ich nicht lange und beseitige im Handumdrehen, was nicht zu Dir passt, manchmal lade ich Dich ein, deine wilde Seite zu leben und manchmal schenke ich Dir Einsichten, die bald zu Gold werden. Zum Gold der Lebensliebe. Alles, was Du dazu brauchst, bist Du selbst. Öffne Dein Herz für das Wunderbare, für Dein Licht. Und sei bereit für eine neue Umdrehung des Jahresrades.“