Zum Inhalt springen

Wermut

Wermut

Der berühmte Schweizer Kräuterpfarrer Künzle (1857-1945) schrieb: „Ist einer grün wie ein Laubfrosch, mager wie eine Pappel, nimmt täglich ab an Gewicht und Humor und wirft keinen Schatten mehr, der probiere es mit einem Teelöffel voll Wermuttee alle 2 Stunden“. Riechen Sie an einem Wermutblatt, indem Sie es ein wenig zwischen den Fingern zerreiben – das ätherische Öl wird frei und verströmt seinen intensiven, starken Duft. Dieser Geruch vertreibt sogar Motten aus Schränken oder lästige Fliegen aus Wohnräumen. Wenn Sie von diesem Blatt ein wenig in den Mund nehmen, schmecken Sie sehr schnell den charakteristischen bitteren Geschmack. Das Bittere ist vielen Menschen gar nicht lieb – wer kennt ihn nicht, den sprichwörtlichen „Wermutstropfen“. Doch genau dann ist Wermut die richtige Hilfe, wenn uns etwas auf den Magen geschlagen ist, die Galle überläuft, wir etwas nicht verdauen können oder auch im übertragenen Sinne bitter und gallig sind. Wie so oft liegt das Geheimnis auch beim Wermut in der richtigen Dosierung. Es bleibt die Wermut-Weisheit: Der bittere Wermut hilft gegen die Bitterkeit im Leben.

Wirkung – Wermut gegen Schwermut und schwer Verdauliches.

„Wermut ist für alles gut“ sagt ein alter Volksspruch. Schon Hippokrates, Arzt in Griechenland vor 2500 Jahren, verwendete Wermut bei nachlassendem Gedächtnis. Neuere Forschungen haben bestätigt, dass ein Extrakt aus Wermut bestimmte Rezeptoren (die Acetylcholinrezeptoren) im Gehirn aktiviert und das Nachlassen der Gedächtnisfunktion bei Alzheimerpatienten aufhalten kann. (Wake G., Court J., Pickering A. et al. in „Journal of Ethnopharmacology“ 2000, S.69, 105-114). Die Bitterstoffe des Wermuts regen die Produktion aller Verdauungssäfte an – von Magen, Bauchspeicheldrüse und Leber- und das bei allen Arten von Verdauungsbeschwerden, Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln und Blähungen. Wenn Sie also Probleme mit den Verdauungsorganen haben oder gar keinen Appetit oder das Gefühl, das Essen liege wie Blei im Magen, trinken Sie Wermuttee oder setzen Sie sich einen Apéritif selbst an.
Ein Versuch mit Wermut-Tee oder Wein lohnt in jedem Fall.

Wermut-Tee

Wermut

Wer den Wermuttee so stark zubereitet, wie es allgemein empfohlen wird, wird ihn kaum ein zweites Mal gerne trinken. Deshalb gleich an dieser Stelle ein Tipp: Nehmen Sie nur eine so kleine Menge Wermut-Kraut wie zwischen drei Fingerspitzen passt, übergießen die mit 250 ml heißem Wasser und lassen den Tee nur ganz kurz, nämlich nur 1 Minute, ziehen. So entfaltet sich ein aparter bitterer Geschmack und dieser Wermut-Tee kann mit jedem Aperitif konkurrieren. Trinken Sie 1 Tasse etwa 1/4 Stunde vor allen Mahlzeiten, wenn Sie Probleme mit dem Magen und der Magenschleimhaut haben. Wenn Sie Probleme mit der Galle haben, dann nehmen Sie ihn als Digestif, zur Förderung der Galletätigkeit, nach dem Essen zu sich. Wer es mag, kann Pfefferminze hinzu mischen, das macht den Geschmack etwas erfrischender.

Wermut-Wein

Nehmen Sie je 1 Handvoll getrocknetes Wermutkraut, Angelikawurzel, Kalmuswurzel aus der Apotheke und eine Zimtstange, schneiden alles klein, geben es in ein Glas mit Schraubdeckel und übergießen das Ganze mit einem trockenen Weißwein bis das Glas voll ist. Gut verschließen und 2-3 Wochen unter gelegentlichem Umschütteln ziehen lassen. Dann absieben und in Tropffläschchen füllen. In niedriger Dosierung, 20 Tropfen, vor den Mahlzeiten nehmen. Wie alle bitteren Kräuter unterstützt Wermut die Leber in Ihrer Entgiftungsfunktion, regt den gesamten Stoffwechsel an und weckt die Lebensgeister. Wenn Sie ihn öfter trinken, werden Sie merken, dass Sie Schweres leichter verdauen können, auch im übertragenen Sinn, dass Sie mehr Schwung und Genussfreude bekommen.

Nebenwirkungen: Bei kurmäßiger Anwendung über maximal 3 bis 4 Wochen pro Jahr in niedriger Dosierung genossen besteht kein Risiko von Nebenwirkungen. Schwangere sollten Wermut allerdings meiden.

Wermut wehrt Erkrankungen ab

Hildegard von Bingen nannte Wermut den „wichtigsten Meister gegen alle Erschöpfungen“ und Pfarrer Kneipp empfahl Wermut gegen alle Verdauungsprobleme und Ansteckungen. In Zeiten erhöhter Erkältungsgefahr können wir mit Wermut ein Luftdesinfektionsspray herstellen. Nehmen Sie dazu je 1 Teelöffel getrockneten (oder 2 Teelöffel frischen) und klein geschnittenen Thymian, Rosmarin, Lavendel und Wermut zusammen mit 2-3 Gewürznelken, übergießen mit 1/2 Liter Apfelessig und lassen das Ganze 3 bis 4 Wochen lang ziehen; dann absieben und im Raum vernebeln. Sorgt für reine Luft und stärkt das Immunsystem.

Mit Wermut gewärmt durch den Winter

Wermut wärmt, denn er fördert die Durchblutung. Innerlich angewendet führt das zu dem angenehm entspannten Gefühl in der Magengegend, wenn der bittere Geschmack nachlässt. Auch äußerlich haben die Menschen früher diese durchwärmende Wirkung genutzt und Wermut gegen Frostbeulen eingesetzt. Dazu kommt es heute in unseren Breitengraden wohl kaum noch, aber kalte Füße sind ein Leiden, von dem viele ein Lied singen können. Deshalb hier ein ganz einfaches aber äußerst wirkungsvolles Rezept für wohlig warme Füße. 50 Gramm Wermutkraut in ein Schraubdeckelglas geben, mit 125 ml Olivenöl übergießen, 2 Wochen lang an einen warmen Ort stellen und dann durch ein feines Sieb abgießen. In der kalten Jahreszeit vor dem Zubettgehen die Füße damit massieren oder – zur Steigerung des Wohlbefindens – massieren lassen…

Wermut für den klaren Blick

Auch als Augenwasser leistet der Wermut gute Dienste. Dazu nehmen Sie Wattepads und tränken sie in kalten Wermuttee, der ruhig konzentrierter sein kann als der, den Sie trinken wollen. Nehmen Sie 1/2 Teelöffel getrocknetes oder 1 Teelöffel frisches Wermutkraut und übergießen es mit 1 Tasse kochenden Wassers. 5 Minuten ziehen lassen, absieben und kalt werden lassen. Dann die Wattepads eintauchen, gut ausdrücken, auf die Augenlider legen und 10 Minuten lang dem Alltag ade sagen. Das hilft gegen gerötete Augen und beruhigt entzündete Augenlider und -ränder.

Wermut auf La Gomera
Wermut auf La Gomera

„Die grüne Fee“

Den meisten Menschen dürfte Wermut nicht als Heilpflanze, sondern als Spirituose bekannt sein. In jüngster Zeit ist er wieder zum Modegetränk, zum Beispiel unter dem Namen „Grüne Fee“, avanciert, aber das ist nicht ohne Nebenwirkung…. deshalb ein kurzer Rückblick auf die Geschichte des Absinths. Im 18. und 19. Jahrhundert und bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war besonders in Künstlerkreisen ein Getränk in Mode, das auch das „Gift der Grünen Stunde“ genannt wurde. Sein offizieller Name: Absinth, abgeleitet von der botanischen Bezeichnung Artemisia absinthium für Wermut. Es war ein destillierter Schnaps aus Wermut, Anis und anderen grünen Kräutern. Berühmte Musiker und Maler haben Absinth als Rauschdroge getrunken. Manet und Gauguin gehörten ebenso dazu wie Oscar Wilde, Hemingway und Victor Hugo – sie alle haben dafür wohl einen grässlichen Kater in Kauf genommen! Picasso verdankt dem Getränk angeblich seine „blaue Periode“ und das flimmernde Gelb in den Bilder von Van Gogh soll die Wahrnehmungsveränderungen durch Absinth gut wiedergeben. Doch viele Intellektuelle und Künstler wurden abhängig von Absinth und gingen daran zugrunde (Baudelaire, Rimbaud, Toulouse-Lautrec, Verlaine). Das im Absinth in hoher Konzentration enthaltene ätherische Öl des Wermut enthält einen giftigen Stoff, das Thujon, das bei dauerhaftem und hochprozentigem Genuss langsam aber sicher das Nervensystem zerstört. Es kommt zu Lähmungen, Krämpfen, Bewusstseinsstörungen und schließlich zu irreversiblen Gehirnschäden: dem „Absinthismus“. Zwischen 1910 und 1923 wurde Absinth deshalb in Europa verboten. Seit 1998 ist per Gesetz in der Europäischen Union Absinth wieder erlaubt, aber mit einer Beschränkung des Thujon-Gehalt von 10 mg pro Liter. Modegetränke wie „Die grüne Fee“ sollte man trotzdem lieber in Maßen zu sich nehmen.

Bitte beachten: Im wässrigen Auszug, also in Tee, sowie in Wein ist Thujon im Gegensatz zum hochprozentigen alkoholischen Auszug gar nicht oder nur in so geringen Mengen enthalten, dass es keine gefährlichen, sondern gesundheitsfördernde Wirkungen hat. Wie immer gilt: Die Dosis macht das Gift.